Workblog
Samstagabend, halb elf. Mehrfamilienhaus, Mama und Papa haben keine Lust zu kochen und bestellen Pizza. Mit dem auf Tourenzettel jede Menge Hinweise:
!!! Achtung, Baby im Haus !!!
NICHT KLINGELN - NICHT KLOPFEN
So weit, so gut. Man könnte sich darüber wundern, wie man seine Ankunft beim Kunden denn dann bemerkbar machen soll, wenn nicht durch Klopfen oder Klingeln - aber das sollte kein Problem darstellen. Wundern kann man sich eher darüber, dass die ach so rücksichtsvollen jungen Eltern genau was bestellt haben?
Genau: Zwei Pizzen und - eine Schachtel Zigaretten.
Mitgehört bei Mari, unserer Telefonistin des Abends, und zugleich Tochter der Chefin:
"Hi **** ... lachen ... Freddie, warum? ... Beim Kisok? Glaub ich nicht. ... soll ich ihn losschicken? ... Okay, Tschüs."
Danach Arbeitsanweisung an mich: Joeys-Klamotten ausziehen, zum Italienischen Restaurant des Vertrauens fahren, Flasche Averna abholen (der Kellner weiß Bescheid...) und zur Chefin bringen.
Und so geschah es.
Wie viel Schlaf braucht ein junger Mensch, um nicht völlig durch den Wind zu sein? Das darf ich im Moment herausfinden. Eigentlich soll in diesen drei Wochen ein physikalisches Praktikum stattfinden. Ich glaube aber, es handelt sich um einen verdeckten medizinischen Belastungstest mit möglichst breiter Zielgruppe. Deswegen findet das ja auch außerhalb jeder Öffentlichkeit draussen in Bahrenfeld statt, direkt an der Forschungsstelle für das UKE-Zyklotron. Seit Donnerstag läuft diese Maßnahme, und sie hat durchschlagenden Erfolg. Seit Donnerstag bin ich jeden Abend nicht vor halb zwei im Bett. Dafür Ausschlafen? Pustekuchen. Spätestens um 9 ist Feierabend, meistens allerdings früher. Klingt nicht schlimm, sagt ihr? Probiert mal, das drei Wochen lang durchzuhalten.
Erste Symptome: Verlust von Sehschärfe und Feinmotorik (saubere Schrift? Bei mir eh nicht und übermüdet schon überhaupt nicht.) Jetzt im Moment brennen meine Augen, ich habe eine extrem verlangsamte Reaktion und frage mich alle zwei Minuten, ob ich nicht was vergessen habe - aus der U-Bahn auszusteigen, umzusteigen, was zu erledigen, irgendwas. Meine Aufmerksamkeit hat auch stark nachgelassen: Erst im fünften Stock habe ich gemerkt, dass meine Zimmernachbarin im gleichen Fahrstuhl war, in den ich auch im Erdgeschoß eingestiegen bin ... Und es ist erst ein Viertel der Arbeit erledigt, wenn es hoch kommt. Aux Armes!
So heisst das Spiel am nächsten Dienstag. Glücklicherweise habe ich Feierabend, wenn es in die heisse Phase geht: Pünktlich zum Anpfiff des Halbfinalspiels der FIFA-Fußball-Wunder-Weltmeisterschaft geht meine Schicht zu Ende. Beobachten sie dann, in der blauen Ecke: Gina, Oberbefehlshaberin über eine Flotte von drei Fahrzeugen (Zwei Roller und ein Twingo) und Anführerin einer Heerschar von ungefähr 15 Fahrern. Unterstützt wird sie von ihrer Tochter (jung) und ihrem Vater (alt).
Und in der schwarzweissen Ecke: 15 junge, deutsche, aufstrebende und natürlich höchst loyale Fahrer, die für das Elfmeterschiessen im Viertelfinale sogar die eine oder andere Tour, sagen wir mal, "verschoben" haben. Hat aber keinen gestört, heraus kam am Ende des Abends ein Rekordtip (für mich) von 23 Euro. Damit war ich aber noch längst nicht an der größten Ausbeute angelagt. Routinier Tomi kam sogar auf über 30 Euro und damit auf mehr, als der Stundenlohn ausgemacht hat. Ich überdenke meine Meinung zur WM nochmal. WM für alle, und zwar immer - und umsonst!
Da ist noch so eine Neuigkeit: Exhibitionistisch wie ich bin habe ich mich bei last.fm angemeldet. Das tolle für euch: Ihr könnt auf dieser Seite immer nachschauen, welche Songs denn bei mir so zuletzt durch das XMMS gerauscht sind. Wer noch mehr wissen will - Charts und Statistiken und so - der gönne sich den Spaß und klicke das kleine Fensterchen an.